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  • AutorenbildKarin Alana Cimander

Die kleine Wolke Igor

Ach herrlich! Igor ließ sich vom Wind treiben. Er war gerade als kleine Wolke geboren. Noch ganz leicht und fluffig, eher ein dünner Nebel. Die Sonne schien jedoch weiter auf das Meer unter ihm, verdunstete immer mehr Wasser und ließ ihn wachsen und wachsen. Bald war er eine wunderschöne weiße Wolke die wie Watte aussah.

Der Wind trug Igor weiter übers Meer und er schwebte in Richtung Küste. Dort gab es viel Schönes zu sehen und Igor staunte über die vielen bunten Farben unter ihm.

Er sah Felder mit reifem Korn aus denen die Menschen Brot backen würden und Tiere Futter erhielten. Große Flächen mit Kartoffeln und anderen Gemüsen, dass vielen Lebewesen als Nahrung dienen würde. Es roch nach Erde. Die Luft war klar und rein. Er flog über Bauernhöfe hinweg auf denen Kühe, Schafe, Schweine und Geflügel zufrieden lebten, denn sie konnten sich frei auf Wiesen bewegen, dort grasen und in Herden oder als Schar natürlich zusammenleben.

Weiter, landeinwärts, überflog Igor dann kleine Dörfer und Städte die wie kleine Punkte in der Landschaft aussahen. Er zog über große Wälder hinweg und sah auf Waldlichtungen Rehe äsen und Eichhörnchen Baumstämme hinauflaufen. Füchse schauten aus ihren Bauten hielten nach kleinen Beutetieren Ausschau. Es roch nach frischem, feuchtem Waldboden, so ein wenig wie Pilze.

Weiter ging es landeinwärts. Städte, Wälder und Felder wechselten sich ab. Dann wurden die Städte, über die Igor hinweg zog, immer größer. Die Luft war nicht mehr so frisch und sauber wie zuvor. Es roch nach Qualm, Chemie und Autoabgasen. Es gab große Schornsteine aus denen Rauch aufstieg, der Igor zum Husten brachte. Er zog weiter landeinwärts und die Landschaft stieg langsam an sodass er höher steigen musste. Hier war die Luft kälter und er zog sich etwas zusammen. Nun war er nicht mehr fluffig weiß, sondern eher hellgrau.

Als er wieder einmal über eine kleinere Stadt flog fiel ihm ein Ort besonders auf. Es war ein wunderschöner großer Garten mit vielen verschiedenen Pflanzen, Sträuchern, Bäumen und einem kleinen Weiher. Hier schienen viele Tiere glücklich und im ökologischen Einklang zu leben und Igor ließ aus seiner inzwischen schweren gewordenen Wolke einige Tropfen in Tinas Garten fallen um dem kleinen Paradies Leben zu spenden.

Er zog weiter. Die Landschaft wurde noch bergiger und Igor versuchte noch höher zu steigen. Durch die immer kälter werdende Luft hatte er sich schon sehr zusammen gezogen. Er war nun dunkelgrau und zu schwer um weiter aufsteigen zu können. So ließ er los, ergoss sich als Regen über das Land und wusste, dass er damit Leben spendete, denn alle Menschen, Tiere und Pflanzen konnten ohne ihn und sein Wasser nicht leben.

Igor löste sich fast komplett auf, nur ein leichter Schleier blieb von ihn übrig. Er war seiner Bestimmung gefolgt und war glücklich darüber. Er wusste, dass ein Teil seines Wassers im Boden versickern würde und über Bäche und Flüsse zurück ins Meer floss und damit ein neuer Kreislauf des Lebens begann.


* * *

Die Geschichte ist Teil des entstehenden Kinderbuchs "Tinas Garten"


Copyright 09/22 by Karin Alana Cimander

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